Es heißt nicht "behindert", es heißt "besonders". Oder wenigstens "Mensch mit Behinderung". Während einige von euch nun zustimmend nicken, dreht sich anderen vielleicht der Magen um. Soll das behinderte Kind am ganz normalen Unterricht, z. B. mittels Nachteilsausgleich oder mit Hilfe einer Schulbegleitung, teilnehmen oder soll sich der Unterricht für alle Kinder verändern und für alle ein differenziertes Angebot bereit halten? Am besten lernt ein Kind schon früh, sich so zu verhalten, dass seine Behinderung nicht auffällt – oder soll es lernen, sich mit und wegen seiner Behinderung wertzuschätzen? Entlang der Antworten an diesen drei Polen lässt sich das Trilemma der Inklusion beschreiben. Dilemma kennen wir: Man muss sich zwischen zwei Alternativen entscheiden. Beim Trilemma verbinden sich zwei Pole, aber das Dritte ist logisch ausgeschlossen. In der Theorie der trilemmatischen Inklusion, die von Mai-Ahn Boger entwickelt wurde, sind diese Pole:
Inklusion ist Dekonstruktion. Das bedeutet, die Kategorie der Behinderung wird abgeschafft.
Trilemma Der Inklusion Deutsch
Das Trilemma-Projekt befasst sich mit dem Erstellen einer
Praxis-Theorie der Anti-Diskriminierung / Inklusion. Dazu werden
die verschiedensten Zugänge zum Themenfeld 'Diskriminierung –
Exklusion – Unterdrückung' kartographiert und jeweils gezeigt, was
ihre Stärken sind und woran sie scheitern. DIE METHODE
Kartographieren wird als Verfahren der methodisch kontrollierten
Rhizombildung (nach Deleuze & Guattari) verstanden. DIE PLATEAUS
Auf den Ebenen der (1) Theoriebildung, der (2) politischen
Bewegungen, der (3) pädagogischen Praktiken und der (4)
Subjektivation werden Möglichkeiten des widerständigen Denkens und
Handelns sowie deren Aporien nachgezeichnet. DIE
KNOTENPUNKTE
1) Inklusion ist Empowerment. 2) Inklusion ist Normalisierung. 3) Inklusion ist Dekonstruktion. DER TRILEMMATISCHE
RINGSCHLUSS
Für alle Plateaus und alle Diskriminierungsachsen gilt nun, dass
die drei Knotenpunkte anti-diskriminierender Theoriebildung und
Praxis in einem trilemmatischen Verhältnis zueinander stehen. Hat
man sich für zwei der drei Punkte entschieden, ist der dritte
notwendigerweise ausgeschlossen.
Trilemma Der Inklusion Mit
Mai-Anh Boger: Theorien der Inklusion. Die Theorie der trilemmatischen Inklusion zum Mitdenken
Dieses Buch kartographiert paradigmatische Linien der Inklusions- und Diskriminierungsforschung sowie deren pädagogische Implikationen. Es wird gezeigt, wie sich der Widerstreit, der in den anderen beiden Bänden der Reihe auf subjektiver und politischer Ebene artikuliert wurde, in der Theoriebildung fortsetzt. Im Gegensatz zu ideengeschichtlichen und anderen historisierenden Einführungen fokussiert es die dissonante Gleichzeitigkeit und unendliche Wiederholung paradigmatischer Fluchtlinien und Sackgassen. Autor*in / Hrsg. :
Mai-Anh Boger
Details:
Umfang: 442 S. Einband: Kartoniert Format (T/L/B): 3. 5 x 20. 5 x 14 cm Gewicht: 590 g Erscheinungsdatum: 05. 01. 2019
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DIE ONTOLOGISCHE POINTE
Dass dies der Fall ist, liegt an den politischen Einsatzpunkten,
die jeweils auf unterschiedlichen Ontologien der Andersheit*
basieren. Es lässt sich daher zeigen, dass sich im Feld der
'Inklusion / Anti-Diskriminierung' inkommensurable Ontologien des
Kampfes gegenüberstehen.
Trilemma Der Inklusion Meaning
Kinder mit Lernbehinderung sind nicht "behindert" sondern langsamer. Emotional-soziale Entwicklungsstörungen sind keine "Störungen", sondern normales, vielleicht herausforderndes, menschliches Verhalten. Im schulischen Bereich könnte sich Deutschland durch Dekonstruktion der Förderschwerpunkte Lernen, Emotional-soziale Entwicklung und Sprache internationalen Standards anpassen – in den meisten Ländern gibt es diese Kategorisierungen schlicht nicht. In einigen Bundesländern laufen Modellversuche zur Abschaffung dieser Kategorien, z. in Brandenburg. Inklusion ist Normalisierung. Jedes Kind, unabhängig davon ob es behindert ist oder nicht, kann die örtliche Schule besuchen – ganz normal, so wie alle anderen Kinder auch. Es ist normal, behindert zu sein, es gibt keine Hürden, Barrierefreiheit ist Standard. Kinder mit Behinderungen haben die gleichen Rechte und Pflichten wie alle anderen Kinder auch. Inklusion ist Empowerment. Behinderte Menschen haben Rechte und diese Rechte erstreiten sie.
Trilemma Der Inclusion Sociale
Empowerment ist Selbstbewusstsein, Selbstermächtigung, Selbstwert, Wertschätzung und hat eine politische Komponente. Die Behinderung ist ein Teil der Identität, der nicht wegdiskutiert oder weggefördert werden soll. Und wo ist nun das Problem? Das Trilemma? Alles drei sind gültige Auffassungen davon, was Inklusion bedeutet. Alle drei sind gleichrangig, aber es geht nicht alles drei zusammen. Verbindet man zwei, ist das dritte logisch ausgeschlossen. Dekonstruktion + Normalisierung: Gleichheit in Verschiedenheit
Alle Kinder besuchen die gleiche Schule und erfahren einen individualisierten auf die einzelnen Bedürfnisse abgestimmten Unterricht, niemand wird als "lernbehindert" oder sonst wie gelabelt. Vielfalt wird wertgeschätzt. Eine Schule für Alle und Gleichheit in Verschiedenheit sind hier die Slogans. Cool. Allerdings: Empowerment ist ausgeschlossen. Ohne Behinderung keine Behindertenrechte, kein extra Support, keine spezifischen Rechte. Keine Wertschätzung der Behinderung als Teil der Identität.
Eine Strategie ist eine sehr gründliche Überlegung, wie man ein Ziel erreichen kann. Eine Wissenschaftlerin, sie heißt Mai-Anh Boger, hat sich viele Gedanken zum Thema Inklusion gemacht. Mai-Anh Boger, die Wissenschaftlerin, sagt:
Wenn man Inklusion anstrebt, steht man immer auf einer LINIE zwischen zwei Punkten. Man kann nie auf allen drei Linien gleichzeitig stehen. Sie nennt das ein Trilemma. In unserer Forschung haben wir uns die Arbeit der Bildungs-Fachkräfte genau angesehen. Wir haben auch mit ihnen darüber gesprochen. Wir haben festgestellt, dass sie meistens der Linie zwischen N und E stehen. Auf die beiden anderen Linien gehen sie selten. Für Empowerment und Normalisierung haben wir viele Beispiele gefunden, für Dekonstruktion jedoch nicht. Wenn man über Inklusion spricht, ist es wichtig, das zu wissen. Es ist gut, wenn man sich darüber Gedanken macht. Man nennt das auch Reflexion.
Was bedeutet das? Durch unsere Forschung haben wir erkannt:
Menschen mit Lernschwierigkeiten möchten mitentscheiden, wie an Hochschulen über Behinderung und Inklusion gesprochen wird.