Die sehnsüchtige Musik Richard Wagners im Vorspiel zu Tristan und Isolde, mit seinen stetig anschwellenden chromatischen Melodien, schicksalshaften und nichts Gutes verheißenden Klängen – ein nicht enden wollendes ewiges Sehnen – verrät es bereits: Diese Liebe findet im Diesseits keine Erfüllung. Rachel Nicholls (Isolde) und Vincent Wolfsteiner (Tristan)
© Barbara Aumüller
Diese Sehnsucht, vielmehr eine Sehnsucht nach dem Tod als erfüllter Liebe, bestimmt vor allem Tristans Handeln und die damit einhergehende Auslösung seiner Selbst – ob im Tode oder im Nirvana – das Verschwinden im Äther, sozusagen "himmelhöchstes Weltentrücken", nach denen sich die beiden Liebenden verzehren. Die Unmöglichkeit ihrer Liebe im Diesseits begreifend, wird zum Kerngedanken dieser Inszenierung. Es ist ein einziges Sehnen und Drängen nach dem Tod. Doch wie findet man die passenden Bilder für solch große Gefühle? Regisseurin Katharina Thoma und Ausstatter Johannes Leiacker präsentieren ein minimalistisches aber dennoch markantes Bühnenbild, dessen Leere sie mit Sinn und Gefühl zu füllen versuchen.
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Tristan Und Isolde 2010 Edition
Sie pflegte ihn gesund. Der geheilt entlassene »Tantris« kehrte unter seinem wahren Namen als Brautwerber König Markes zurück. Die geschlagenen Iren hatten keine Wahl als diesen Antrag anzunehmen. Als Brangäne auf die von ihr mit an Bord geschmuggelten Zaubertränke von Isoldes Mutter verweist, mit deren Hilfe vielleicht alles zum Guten zu wenden wäre, beschließt die tief gedemütigte Isolde, Tristan und sich selbst zu vergiften. Auf ihre Drohung hin, nicht vor den König treten zu wollen, bevor Tristan sie aufgesucht habe, muss dieser erscheinen. Seine arrogante Abwehrhaltung bricht zusammen, als er begreift, dass Isolde das Doppelspiel seiner Tantris-Maskierung durchschaut hat. Er leert mit Isolde einen von Brangäne kredenzten vorgeblichen »Sühnetrank«, obwohl er verstanden hat, dass Isolde ihm ein tödliches Gift einflößen will. Doch Brangäne hat statt des Todestranks einen Liebestrank eingeschenkt. In Erwartung des Todes gestehen sich Tristan und Isolde ihre Liebe. In diesem Moment trifft das Schiff in England ein.
Tristan Und Isolde Youtube
"Tristan und Isolde"/ 1. Akt. Foto: Sieglinde Pfabigan. Mikulov am 15. 8. 2020: "TRISTAN UND ISOLDE" – Premiere
Die verschobene Premiere forderte den Mitwirkenden gute Nerven ab. Schon mitten im 1. Akt, noch Ehe Tristan der Einladung Isoldes zur Sühne für "ungebüßte Schuld" Folge leisten konnte, musste abgebrochen werden. Nach fast einstündigen feuchtigkeitsbedingten Unterbrechung kam es endlich zum "Sühnetrank". Im 2. Akt passierte das Nämliche nach der Szene Isolde-Brangäne. Das Tag-Nacht-Gespräch war vernünftigerweise von vornherein nicht eingeplant. Man setzte fort mit "O sink hernieder Nacht der Liebe", für die das Ambiente keinen wirklichen Rückhalt bot, denn diese ganz verinnerlichte Zweisamkeit der Liebenden, die ausschließlich im Geist- und Seelenbereich existiert, verträgt keine banalen Störungen von außen. Der Auftritt Markes mit Gefolge verkraftete die Umstände besser und der 3. Akt blieb ohnedies nur ein Fragment. Die Sänger waren demnach nicht zu beneiden. Aber was sie dennoch zuwege brachten, bewies ihre hochgradige Professionalität.
Tristan Und Isolde 2020
Über alle Grenzen hinweg: Utopie einer gelebten Liebe. Obwohl Tristan einst ihren Verlobten tötete, hat die irische Königstochter Isolde dem Neffen des verfeindeten Königs von Cornwall das Leben gerettet und sich in ihn verliebt. Doch das legitime Ausleben ihrer Liebe gleicht einer Utopie. König Marke soll Isoldes Ehemann sein. Zwischen Passion und Pflichtgefühl suchen Tristan und Isolde ihren Weg im Spannungsfeld gesellschaftlicher Normen und persönlicher Neigung. Die gemeinsame Todessehnsucht soll sie ihrem Wunsch nach Vereinigung näher bringen, doch der vermeintliche Todestrank entpuppt sich als Liebestrank. Sich dem Tode nahe wähnend geben sie sich ihrer verbotenen Liebe hin, um zu erkennen, dass sie gefangen im Diesseits der Utopie ihrer Liebe noch weiter entfernt zu sein scheinen. Getrieben von der Übermacht der Emotionen sind sie bereit, alle Grenzen menschlicher Moralvorstellungen zu übertreten. Auch Wagner überschritt seinerzeit die Grenzen alles Bekannten und schuf eine Musik, die die übermächtigen Emotionen und Gedankenströme der Protagonisten weit mehr in den Vordergrund stellt als jede andere Oper zuvor.
Foster gestaltete nicht nur Isoldes Zorn und ihr bewegtes Rachebedürfnis im Ausschnitt des ersten Aufzugs mit hochdramatischem Furor, sondern offenbarte im Duett "Nacht der Liebe" mit Schager zudem lyrischen Atem und fließende Melismen. Nachhaltigen Eindruck hinterließ auch Pape mit Markes bewegter Tristan-Anklage "Tatest Du's wirklich". Schagers schmetternder Tenor wirkte dagegen bisweilen überzeichnet. Auch der Mezzosopran Margarete Joswigs als Brangäne überzeugte nicht durchgängig. Viel bejubelt wurde dagegen Violinistin Lidia Baich, die den Abend gemeinsam mit Pianistin Goloubitskaia und dem ersten Satz von Beethovens Kreutzer-Sonate eröffnete. "Eine Gelegenheit, Beethovens Geburtstag gleich mit zu feiern", erklärte Intendant Uwe Eric Laufenberg diese Programmeröffnung. © MUSIK HEUTE. Alle Rechte vorbehalten – Informationen zum Copyright
(bb/wa)
Update (22. 05. 2020 – 11:17 Uhr): Im vorletzten Absatz wurde "gemeinsam mit Pianistin Goloubitskaia und" eingefügt. ) Mehr zu diesem Thema:
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