Diesmal ist schon die Auswahl des Stoffes ungewöhnlich: Dantes Göttliche Komödie, eine Trilogie in mehr als 14 000 Versen aus dem frühen 14. Jahrhundert, gilt als die wichtigste Dichtung der italienischen Literatur und eines der bedeutendsten Epen des Mittelalters. Des Dichters philosophische Reise durch Hölle, Fegefeuer und Paradies erscheint wie geschaffen für die großartigen Bilderwelten des Sebastian Baumgarten. Wer wissen will, wie die Inszenierung gelingt, muss nur die letzten vier Verse des Dante-Texts lesen: "Hier war die Macht der Phantasie bezwungen, / Doch Wunsch und Will', in Kraft aus ew'ger Ferne, / Ward, wie ein Rad, gleichmäßig umgeschwungen, / Durch Liebe, die beweget Sonn' und Sterne. " Gegen die unmäßigen Herausforderungen, die Stofffülle und Inhalt des Textes stellen, kommt die szenische Phantasie der Regie irgendwann nicht mehr an, aber die Kraft und der Wille des Regisseurs und seine Liebe zu den Figuren sind dennoch bewundernswert. Staatstheater Mainz - Wolfgang Menardi. Wieder ist es vor allem die Bühne, die überrascht und fasziniert: Eine "Mala Via" hat Thilo Reuther quer durch das riesige Depot 1 des Kölner Schauspiels gebaut, eine wenig einladende Wohn- und Gewerbegebietsmischung mit zweistöckiger Bebauung, ein paar heruntergelassenen Garagentoren im Untergeschoss und ein paar Bürofenstern oben.
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Schmutzige Hände Schauspielhaus Köln 50667
Oder sind es zwei Schlafzimmer, zwei Küchen, zwei Büros? Sind die Wände verspiegelt oder sind es Rahmen, durch die wir auf ein identisches Interieur blicken? Und die Menschen – sind sie Spiegelbilder oder Doppelgänger, die jeden Schritt duplizieren, als wäre längst festgeschrieben, wohin der nächste führe? So zwingend und doppelbödig wie ein Hitchcock-Thriller Bastian Kraft ergänzt das Geschehen durch filmische Großaufnahmen, die auf zwei große Leinwände rechts und links der Bühne live projiziert werden. Doch auch denen ist nicht zu trauen, werden sie doch manchmal durch Einspielungen ersetzt, die just das Gegenteil von dem zeigen, was auf der Bühne geschieht. Schmutzige hände schauspielhaus köln 50667. Ist der Schuss nun gefallen oder nicht? Oder ist beides nur ein Spiel, eine Simulation, eine Welt am Draht? Schon als er vor ein paar Jahren Lars von Triers "Dogville" im Kölner Depot inszenierte, nutze Kraft einen riesigen Spiegel, um Theaterzuschauer in Filmvoyeure zu verwandeln. Was damals wuchtige Metapher war, ist jetzt flirrendes Verwirrspiel geworden, ein Abend von atemberaubender technischer Virtuosität, der jedoch nie sein Thema aus den Augen verliert: Die quälende Freiheit der Wahl, diese Gefühl von Irrealität, von fehlender Bodenhaftung, das ja gerade die Generation der Millennials beschleicht.
Der kärntner Quadratschädel Martin Kusej inszeniert Sartre
Foto: © Robert Fischer
Intendant Martin Kusej (Foto) hat es am Bayerischen Staatsschauspiel nicht leicht. Erst zog Neuintendant Matthias Lilienthal von den benachbarten Kammerspielen alle Aufmerksamkeit auf sich, dann outete die Süddeutsche Zeitung Kusej als Choleriker, der mit Kritik nicht umgehen könne. Dabei ist der kärntner Quadratschädel doch nur ein Theatermacher alten Schlages, der wenig auf Diskurs gibt und gerne mal laut wird, ein typischer Künstlerintendant, der auf künstlerische Authentizität pocht und nicht auf Diplomatie. VITA - Portfolio Ausstattung Bühne und Kostüme Berlin. Hatte man schon fast vergessen, dass es sowas noch gibt, seit Leute wie Claus Peymann und Frank Castorf sich nach und nach in Richtung Altenteil verabschieden. Dass diktatorisches Übervatertum allerdings ein zweischneidiges Schwert ist, beweist Jean-Paul Sartres Politthriler "Die schmutzigen Hände" – den Hausherr Kusej sinnigerweise selbst im Cuvilliéstheater inszeniert. 27. September 2016 // Janka Burtzlaff