Am 8. Mai 1919 äußerte sich Robert Lansing, US-amerikanischer Staatssekretär des Auswärtigen, über die harten Friedensbedingungen des Versailler Vertrags:
Gestern wurden die Friedensbedingungen den deutschen Bevollmächtigten übergeben, und zum ersten Male in diesen Tagen fieberhaft erregter Vorbereitung hat man Zeit, den Vertrag als ein vollständiges Schriftstück in Augenschein zu nehmen. Versailles vertrag unterrichtsbesuch . Der Eindruck, den er macht, ist enttäuschend, erweckt Bedauern und Niedergeschlagenheit. Die Friedensbedingungen erscheinen unsagbar hart und demütigend, während viele von ihnen mir unerfüllbar scheinen. Der durch den Vertrag geschaffene Völkerbund soll – darauf vertraut man – den künstlichen Aufbau am Leben erhalten, der auf dem Wege des Kompromisses der widerstreitenden Interessen der Großmächte errichtet wurde, und ein Keimen der Kriegssaat, die in so vielen Paragraphen ausgesät ist und unter normalen Bedingungen bald Früchte tragen würde, zu verhindern. Der Bund könnte ebensogut das Wachstum der Pflanzenwelt in einem tropischen Dschungel verhindern.
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Damit wurde weiter in eine Kerbe geschlagen, die bereits durch die "Dolchstoßlegende" und das Gerede von den "Novemberverbrechern" weit eingehauen war. Die Parteien, die nun für den Vertrag stimmten und die für die Verteidigung der Republik sehr bedeutsam waren, würden für große Bevölkerungsteile kaum noch eine Identifikationsmöglichkeit bieten. Als die Regierung den Vertrag nicht nur unterzeichnete, sondern den darin enthaltenen Forderungen auch noch nachkam, würde das Schlagwort der "Erfüllungspolitik" als Propaganda hinzutreten. Versailler vertrag unterrichtsbesuch leitfaden. Bedeutsam ist der Vertrag ferner, weil mit ihm nicht nur die junge demokratische Staatsform assoziiert und diskreditiert wurde, er ist auch wichtig, weil die Völkerbundssatzung dem Versailler Vertrag vorangestellt ist – auf diese Weise hatte Wilson den Vertrag für den heimischen Senat annehmbar machen wollen. Die Nationalsozialisten hatten so leichtes Spiel, auch gegen den Völkerbund zu sprechen, der sich ohnehin in einer schwachen Position zeigte. Auf der anderen Seite besteht aus fachwissenschaftlicher Sicht aber die Gefahr, daß der Geschichtslehrer, indem er den Unterrichtsinhalt "Versailler Vertrag" auf diese Weise, nämlich mit seiner Bedeutung für das Scheitern der Republik begründet, genau der rechten Propaganda der damaligen Zeit erliegt.
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Quelle 3 | Louis Oppenheim: Was wir verlieren sollen! | Plakat von 1919 | Bildnachweis (Public Domain, Wikipedia): Bild anklicken
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Denn gerade Brüning, der Sparkanzler, rechtfertigte – psychologisch kaum ungeschickter handhabbar – seine strikte Deflationspolitik damit, daß man um der Franzosen willen sparen und noch mehr sparen müsse. Dabei stellt sich der Erste Weltkrieg aus einer etwas distanzierteren Sicht gerade als Krieg heraus, der keinen Gewinner kennt. Außer den USA hatten alle Beteiligten verloren, auch, ja insbesondere, Frankreich, auf dessen Territorium sich der Krieg hauptsächlich abgespielt und das Land geradezu umgepflügt hatte. Die Reparationsforderungen waren also so unberechtigt nicht, zumal ja die USA ihre Kredite unnachgiebig von Frankreich zurückforderten. Versailler Vertrag • Zusammenfassung & Folgen · [mit Video]. Aber die Reparationenfrage ist auch nicht so schwerwiegend, wie es die rechte Seite die Bevölkerung glauben machen wollte. Entscheidend ist vielmehr das Kriegsjahr 1917, als sich die Oberste Heeresleitung für das "Alles-auf-eine-Karte-Setzen" entschieden hatte und dabei keine Kosten für die Rüstungsproduktion gescheut hatte. Die deutschen Kriegskosten betrugen 160 Mrd., die der Staat sich per Kriegsanleihen beschafft hatte und wodurch er schließlich achtmal verschuldet war.
75 Prozent der Kriegskosten fielen allein in die letzten beiden Kriegsjahre; so kostete nur der Rückzug der deutschen Armee 1918 mehr, als der ganze 1870/71er Krieg Bismarcks. Der als Reparationen zu zahlende Betrag von 50 bis 60 Mrd. erscheint vor dieser Summe fast unbedeutend. Durch die Hyperinflation und die anschließende Währungsreform wurde diese Last auf die Bevölkerung abgewälzt, v. a. auf diejenigen, die ihr Geld in Kriegsanleihen investiert hatten, und der Staat war entschuldet. Brüning hingegen betonte allein die Reparationen und verschwieg, daß das eigentliche Problem in der deutschen Kriegsverschuldung lag, so daß er sich die Möglichkeit eines Lastenausgleichs verbaute. Hätte er gesagt, man müsse jetzt zusammenstehen, wäre so etwas möglicherweise durchzusetzen gewesen, aber nun lag ja alle Schuld an der mißlichen Lage bei den Franzosen. Versailles vertrag unterrichtsbesuch germany. Brüning versuchte so auch die Reparationen ohne eine besondere Steuer mit dem normalen Haushalt zu lösen, was scheitern mußte. Ich habe die fachwissenschaftliche Kontroverse so ausführlich dargestellt, um meine Unsicherheit auszudrücken, ob es gerechtfertigt ist, dem Thema immerhin zwei Schulstunden des stundenmäßig nicht gerade großzügig versehenen Geschichtsunterrichts zu widmen.